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- Ausgleich der Unterhaltsspitze: Eltern können bei Unterhalt im paritätischen Wechselmodell in eigenem Namen klagen
Eltern sind ihren Kindern zu Unterhalt verpflichtet. Leben die Eltern getrennt, stellt sich im Streitfall immer die Frage, ob die Eltern den Unterhaltsanspruch des Kindes im eigenen Namen oder als gesetzlicher Vertreter einklagen müssen. Und da es so oft heißt, es käme immer auf den Fall an, musste das Amtsgericht Gemünden (AG) darauf eine Antwort finden.
Die miteinander verheirateten Eltern leben dauerhaft getrennt und betreuen die Kinder im paritätischen Wechselmodell. Nun wollte die Mutter den Ausgleich der Unterhaltsspitze hinsichtlich des Kindesunterhalts gerichtlich klären lassen und im Wege der einstweiligen Anordnung erreichen, dass ihr das Alleinvertretungsrecht für die Geltendmachung von Kindesunterhalt (im Wechselmodell) für die gemeinsamen Kinder zugewiesen wird. Hilfsweise solle ein Ergänzungspfleger zur Geltendmachung des Kindesunterhalts bestellt werden. Der Vater sah jedoch keinerlei Regelungsbedürfnis.
Das AG hat die Anträge der Mutter abgewiesen. Der Mutter musste nämlich gar keine Entscheidungsbefugnis übertragen werden, da sie die Unterhaltsansprüche der Kinder im eigenen Namen geltend machen kann. § 1629 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch regelt ausdrücklich, dass ein Elternteil die Kinder allein und in eigenem Namen vertreten kann, wenn die Eltern zwar verheiratet sind, aber getrennt leben. Weitere Voraussetzungen - wie ein überwiegender Aufenthalt oder die Obhut bei einem Elternteil - verlangt die Norm nicht. Und da die Mutter bereits alleinvertretungsbefugt war, musste auch kein Ergänzungspfleger bestellt werden.
Hinweis: Das hätte die Mutter wirklich leichter haben können. Gerade im Familienrecht gilt es, genau zu lesen, wo eine Obhut gefordert ist und wo ein überwiegender Aufenthalt - denn gerade daran kann sich entscheiden, ob man im eigenen Namen klagebefugt ist oder eben nicht.
Quelle: AG Gemünden, Beschl. v. 17.03.2025 - 002 F 72/25(aus: Ausgabe 05/2025)
- EuGH: Unionsrecht schreibt Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehe, nicht deren Eintragung vor
Das sogenannte Unionsrecht verpflichtet einen EU-Mitgliedstaat zur Anerkennung der Eheschließung zwischen gleichgeschlechtlichen Personen. Dass daraus aber nicht unbedingt der Anspruch auf Eintragung der Heiratsurkunde in ein Personenstandsregister folgt, war dem Schlussantrag des Generalanwalts des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu entnehmen.
Zwei polnische Staatsbürger (einer zudem Deutscher) gingen in Berlin die Ehe ein. Das Paar beantragte die Umschreibung ihrer deutschen Heiratsurkunde in das polnische Personenstandsregister. Dieser Antrag wurde jedoch abgelehnt, da das polnische Recht die Eheschließung zwischen Personen gleichen Geschlechts nicht vorsieht. Die Eheleute klagten gegen diese Ablehnung. Das mit der Sache befasste polnische Gericht setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH seine Fragen zur Vorabentscheidung vor: Es wollte wissen, ob die Regelung oder die Praxis eines Mitgliedstaats mit dem Unionsrecht überhaupt vereinbar sei, wenn dadurch weder ermöglicht wird, die Eheschließung zwischen gleichgeschlechtlichen Personen anzuerkennen noch die entsprechende Heiratsurkunde in das Personenstandsregister einzutragen.
Der Generalanwalt stellte in seinem Schlussantrag fest, dass das Personenstandsrecht zwar in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten falle, bei der Ausübung dieser Zuständigkeit aber Unionsrecht beachtet werden müsse. Werde die in einem anderen Mitgliedstaat geschlossene Ehe nicht anerkannt, könne dies das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens beeinträchtigen. Sehe ein Mitgliedstaat in seinem nationalen Recht die Ehe zwischen Personen gleichen Geschlechts nicht vor, muss er dennoch geeignete Verfahren einführen, die in einem anderen Mitgliedstaat geschlossene Ehen nach außen dokumentieren. Jeder Mitgliedstaat muss also die Modalitäten der Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Paaren festlegen. Dies muss nicht durch Eintragung der Heiratsurkunde in ein Personenstandsregister geschehen, aber sicherstellen, dass die Ehe auch ohne diese Formalität ihre Wirkungen entfaltet.
Hinweis: Ist die Eintragung das einzige Mittel, die Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Personen in einem Mitgliedstaat anzuerkennen, dann muss diese auch möglich sein. Gibt es alternative Anerkennungswege, bestehe kein Anspruch auf Eintragung.
Quelle: EuGH, Schlussantrag des Generalanwalts v. 03.04.2025 - C-713/23(aus: Ausgabe 05/2025)
- Kindeswohl: Mutter darf nicht beim Ex-Partner die Wohnung inspizieren
Wird gegen eine getroffene Umgangsvereinbarung verstoßen, drohen Ordnungsgelder. Ein freizügiges Sexualleben Erwachsener gehört jedoch nicht per se zu den vollstreckbaren Risiken, die eine Erziehung und Betreuung von Kindern zwingend erschweren. Im Folgenden befürchtete eine Mutter, dass eben genau dies geschehen könnte, und nahm sich Freiheiten gegenüber dem Kindesvater heraus, gegen die das Amtsgericht Sonneberg einschreiten musste.
Die Eltern hatten bei Trennung eine gerichtlich gebilligte Umgangsvereinbarung abgeschlossen. Darin hatte sich der Vater verpflichtet, die Mutter jeweils montags vor Beginn seiner Umgangswoche in die Wohnung zur Nachschau zu lassen. Sie wollte sicherstellen, dass keine Sexspielzeuge herumliegen. Schließlich habe man während der intakten ehelichen Lebensgemeinschaft einvernehmlich ein Sexualleben geführt, das von der Dominanz der Frau und der Unterwerfung des Mannes geprägt war. Seit Dezember 2024 verweigerte der Mann dann jedoch diese Nachschau, woraufhin die Frau ein Ordnungsgeld gegen ihn erwirken wollte.
Damit scheiterte sie aber. Zwar sei es laut § 89 Abs. 1 Satz 1 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit möglich, bei der Zuwiderhandlung gegen einen Vollstreckungstitel zur Regelung des Umgangs ein Ordnungsgeld festzusetzen. Dies ginge aber nur, wenn die Pflicht, gegen die verstoßen wurde, an sich selbst vollstreckbar wäre - also das Gericht feststellen könnte, dass durch die Zuwiderhandlung des Elternteils Erziehung und Betreuung der Kinder durch den anderen Elternteil erschwert wären. Dann erst könne das Gericht deswegen die Auflage erteilen, diese Zuwiderhandlung zu unterlassen (§ 1684 Abs. 3 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch). Hier aber gab es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass durch die Verweigerung der Nachschau die Erziehung oder Betreuung der Kinder erschwert werde. Zudem hatte der Vater von Anfang an versichert, dass er seine Utensilien vor den Kindern sicher verwahre.
Hinweis: Umgangsregelungen sollten immer mit vollstreckungsfähigem Inhalt getroffen werden. Dann kann bei Zuwiderhandlung auch ein Ordnungsgeld erlassen werden.
Quelle: AG Sonneberg, Beschl. v. 10.03.2025 - 1 F 56/23(aus: Ausgabe 05/2025)
- Künstliche Befruchtung: Klinik muss kryokonservierte Spermien des verstorbenen Ehepartners herausgeben
Das Leben schreibt die schönsten, aber auch die tragischsten Geschichten. Wie im Fall des Landgerichts Frankfurt am Main (LG), in dem ein Ehepaar durch Kryokonservierung der männlichen Spermien Vorsorge für die Familienplanung treffen wollte und dann der Mann plötzlich verstarb. Wie war seitens der Klinik nun mit den Spermien zu verfahren?
Zu Lebzeiten hatte der Ehemann mit der Klinik einen Vertrag geschlossen, der vorsah, dass das konservierte Spermamaterial nach seinem Tod zu vernichten sei. Die Ehefrau verlangte nun aber die Herausgabe der Spermien. Die Klinik verweigerte die Herausgabe. Dies widerspräche dem Vertrag, aber auch dem Embryonenschutzgesetz (ESchG). Dieses verbiete die künstliche Befruchtung mit dem Samen eines Verstorbenen. Durch die Herausgabe könnten sich Mitarbeiter der Klinik strafbar machen.
Die Witwe zog daraufhin vor Gericht und bekam im Rahmen eines Eilverfahrens auch Recht. § 4 ESchG verbiete zwar, nach dem Tod eines Mannes eine Eizelle mit dessen Samen zu befruchten. Hier verlangte die Witwe aber gar keine Befruchtung, sondern lediglich die Herausgabe. Auch die vertraglich mit dem verstorbenen Ehemann vereinbarte Klausel zur Vernichtung des Keimmaterials nach seinem Tod greife hier nicht. Denn die hinterbliebene Ehefrau habe schlüssig und glaubhaft dargelegt, dass sich der Kinderwunsch der Eheleute individuell und losgelöst vom Vertrag weiterentwickelt habe. Bis zu seinem Tod hatte der Mann einen eindeutigen Kinderwunsch. Die Witwe konnte zur Überzeugung des LG darlegen, dass ihr Ehemann vor seinem Tod in die postmortale Verwendung seines Spermas wirksam eingewilligt habe.
Hinweis: Im Prinzip hat das LG dem Grundrecht des Mannes auf reproduktive Autonomie entsprochen. Die Entscheidung bedeutet aber nicht, dass eine Klinik in ähnlichen Fällen die konservierten Spermien immer herausgeben muss. Hier konnte sich die Ehefrau nur durchsetzen, weil sie eindeutig belegen konnte, dass sie ausdrücklich im Willen des Verstorbenen gehandelt hat.
Quelle: LG Frankfurt am Main, Beschl. v. 04.02.2025 - 2-04 O 29/25(aus: Ausgabe 05/2025)
- Unzulässige Teilentscheidung: Familienrichter dürfen Umgangsregelung nicht einfach ablehnen
Schon das Wort "Umgangsregelung" impliziert, dass eine Regelung irgendeiner Art getroffen wird. Ob es für eine solche rechtsgültige Umgangsregelung schon ausreicht, dass das Gericht bei einer Umgangsregelung ein einfaches "Nein, das machen wir so nicht!" ausspricht, musste in diesem Familienrechtsfall das Thüringer Oberlandesgericht (OLG) in Jena entscheiden.
Seit der Scheidung im Juni 2018 leben die Kinder bei ihrer Mutter. Alle 14 Tage holt der Vater sie am Wochenende zum Umgang ab. Er hat wieder geheiratet und zwei weitere minderjährige Kinder. Im August 2024 wollte der Mann den Umgang gerichtlich regeln lassen, da die Mutter mit den Kindern weggezogen war und damit gegen eine gemeinsame Absprache verstoßen habe. Seit dem Wegzug könne ein Umgang nur stattfinden, wenn der Vater eine Fahrstrecke von 560 km hin und zurück bewältige. Da er eine neue Familie habe und Vollzeit arbeite, zudem physisch und psychisch angegriffen sei, könne er die Umgangsfahrten nicht allein übernehmen. Die Mutter weigerte sich hingegen, sich an den Umgangsfahrten zu beteiligen und die Kinder zum Vater zu bringen und wieder abzuholen. So einen Anspruch gäbe es ihrer Ansicht nicht. Das Familiengericht hörte dann auch die beiden Kinder an, die ihrerseits meinten, die Fahrten nicht allein zurücklegen zu können. Also wies das Gericht den Vater zurück, wogegen er Beschwerde einlegte - und Recht bekam.
Die bloße Ablehnung einer gerichtlichen Umgangsregelung war in den Augen des OLG grundsätzlich unzulässig. Das Familiengericht muss entweder Umfang und Ausübung der Umgangsbefugnis konkret regeln oder - sofern dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist - die Umgangsbefugnis ebenso konkret einschränken oder ausschließen. Einfach ablehnen darf es eine gerichtliche Regelung hingegen nicht. Das OLG hat den Fall also an das Landgericht zurückverwiesen, das nun nochmal entscheiden muss. Wird eine gerichtliche Umgangsregelung verlangt, muss ein Gericht diese auch treffen. Dies gilt nur dann nicht, wenn ein Regelungsbedürfnis entfallen ist (etwa durch außergerichtliche Einigung). Dies war hier aber nicht der Fall.
Hinweis: Begehren auch Sie eine Umgangsregelung, dann bestehen Sie immer auf einer gut begründeten Entscheidung. Dies ist schließlich Kernaufgabe des Gerichts. Kommt es dieser nicht nach, ist die gerichtliche Entscheidung angreifbar.
Quelle: Thüringer OLG, Beschl. v. 02.04.2025 - 1 UF 16/25(aus: Ausgabe 05/2025)